„Ich bin Jury“ beim Fotowettbewerb „Streuobstwiesen“

Stadt Kassel und BUND suchen die schönsten Fotos von den Kasseler Streuobstwiesen in einem Fotowettbewerb, (C) D. Reining 2014

Stadt Kassel und BUND suchen die schönsten Fotos von den Kasseler Streuobstwiesen in einem Fotowettbewerb, (C) D. Reining 2014

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Vor sechs Wochen hab ich vom Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel eine für mich nicht tägliche und damit außergewöhnliche Anfrage bekommen: Die Stadt Kassel suche einen professionellen Fotografen, um eine fachkundige Jury für einen Fotowettbewerb zu ergänzen, und eine befreundete Journalistin habe mich dafür empfohlen. Dabei handelt es sich nicht um eine einmalige Sache, den der Wettbewerb geht über mehrere Monate. Nach einigem Überlegen habe ich zugesagt.

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Darum geht es im Fotowettbewerb „Streuobstwiesen“

Im Kasseler Stadtgebiet gibt es mehr als ein Dutzend historischer und neu angelegter Streuobstwiesen. Dabei handelt es sich um alte Obstbauflächen, die gleichzeitig als Weideflächen oder Mähwiesen genutzt wurden. Diese Streuobstwiesen haben sich dank der besonderen und schonenden Nutzungsart zu Biotopen mit einer großen Artenvielfalt entwickelt. Über die Zeit sind die unterschiedlichen Sträucher, Wiesenpflanzen und Bäume aller Altersstufen bis hin zu Totholz zu einem idealen Lebensraum für Spechte, Falken, Bussarde, kleine Singvögel und Fledermäuse geworden. Schaut man genauer auf den Boden dann trifft man Siebenschläfer, Feld- und Spitzmaus, Igel, Erdkröten und Eidechsen. Weitere wichtige Bewohner dieser Kleinbiotope sind ebenfalls Schmetterlinge, Hummeln, Bienen, Wespen und viele Käferarten. Streuobstwiesen sind somit Heimat für viele und oft bedrohte Tier- und Pflanzenarten und zählen neben den Flussauen und den alten Buchenwäldern zu den naturschutzfachlich wertvollsten Lebensräumen.

Der ganzjährige Fotowettbewerb wird vom BUND Kassel in Kooperation mit dem Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel veranstaltet und ist am „Tag der Erde“ im April gestartet. Jeden Monat steht eine von zwölf ausgewählten Streuobstwiesen im Kasseler Stadtgebiet im Mittelpunkt. Neben mir in der Jury sitzen Vertreter des Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel, vom BUND und weitere Fachexperten, wir wählen zusammen jeden Monat die drei besten Fotos aus. Dabei werden Bilder gesucht, die unverwechselbar für den Erhalt der Streuobstwiesen stehen und die Vielfalt sowie den besonderen Wert dieses einzigartigen Lebensraumes darstellen. Mit dem Fotowettbewerb unterstützen die Stadt Kassel und der BUND eine Initiative des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Die Gewinner des Fotowettbewerb „Streuobstwiesen“ dürfen sich freuen:

Zu gewinnen gibt es einige Flaschen Apfelmosts. Darüber hinaus gibt es am Ende des Wettbewerbs ab Sommer 2015 eine große Ausstellung mit den prämierten Fotos und einen Gesamtpreis. Die besten Fotos sollen außerdem in einem großen Jahreskalender 2016 erscheinen.

Die Sache mit den Nutzungsrechten:

Wir kennen es aus den Diskussionen im Netz, sobald ein Wettbewerb ausgerufen wird, wollen die Veranstalter über den Wettbewerb hinaus alle Nutzungsrechte für sich beanspruchen, egal ob das Bild gewonnen oder nur teilgenommen hat. Verständlicherweise gibt es bei solchen Forderungen Aufregungen. Hier sieht es so aus, dass jeder Teilnehmer dem BUND Kassel und dem Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel als Veranstalter unentgeltlich die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechte an den eingesandten Bildern für Veröffentlichungen des BUND Kassel und des Umwelt- und Gartenamtes der Stadt Kassel im Rahmen des Wettbewerbes einräumt. Die Rechte am Bild für alle weiteren Verwendungen und Publikationen durch Dritte verbleibt bei den Urhebern.

Tipps und Tricks für Bilder:

Ich finde es spannend, wie jedes Mitglied unterschiedlich die Bilder bewertet. Jedes Jurymitglied geht dabei nach seinem persönlichem Empfinden vor. Während ich vom fotografischen Standpunkt die Bilder bewerte, achten die anderen Juroren darauf, ob es einen lokalen Bezug gibt und die Themenvorgabe erfüllt ist. Einen ultimativen Tipp für ein Siegerbild also abzugeben, ist nicht einfach. Folgende Punkte sollen eine Hilfestellung sein und sind meine persönliche Empfehlung, wie ich an das Thema herangehen würde:

Bei dem Fotowettbewerb „Streuobstwiesen“ sollen Bilder gefunden werden, welches für den Erhalt der Streuobstwiesen steht, die vielfältigen Maßnahmen, die damit verbunden sind und den reichhaltigen Lebensraum darstellen. Die Herausforderung ist groß, die Themenbereiche und Motive sind unendlich. Eine Einschränkung der Motive gibt es dabei nicht. Jeder Teilnehmer darf jeden Monat drei Bilder von der aktuell vorgegebenen Wiese einreichen (bitte dafür unbedingt auf die Vorgaben für die Einreichung achten). Es kann also jeder Teilnehmer drei verschiedene Bilder einreichen, die

  • der aktuellen Wiese zu zuordnen sind und damit einen lokalen Bezug geben,
  • emotional ansprechen,
  • und das liebens- und erhaltenswerte der Streuobstwiesen widerspiegeln.

Versucht, beim fotografieren mit der Kamera und den Möglichkeiten zu spielen:

  • arbeitet mal mit langer Belichtungszeit, setzt dafür auch ruhig Graufilter ein, ein verschwommener Himmel kann interessant sein,
  • macht Bilder mit großer, also offener Blende (kleine Zahl an der Kamera, zum Beispiel Blende zwei), das hebt Motive hervor,
  • bringt Tiefe in die Bilder,
  • geht mal vor dem Sonnenaufgang oder kurz nach Sonnenuntergang hin, um emotionale Lichtstimmungen zu bekommen,
  • um harte Kontraste zu vermeiden, vermeidet die Mittagssonne von 11 bis 15 Uhr,
  • verwendet mal einen Polarisationsfilter, um den Himmel oder das Blattgrün zu verstärken (achtet darauf, dass die Sonne im Rücken oder seitlich von Euch ist),
  • geht mal in die Tiefe, um eine andere Perspektive zu bekommen,
  • verwendet ein Makroobjektiv und einen Ringblitz bzw. Makroblitz, um ganz dicht an die kleinen Bewohner zu gehen,
  • bringt viel Zeit mit, um zu sehen, wie sich die Wiese und das Licht im laufe des Tages verändert und was das für eine Wirkung hat,
  • versucht mal, mit einem Tilt- und Shift-Objektiv zu arbeiten (bekannt von der TV-Werbung eines rosaroten Telefonanbieters)
  • auch eine Aufnahme mit Lochblende kann ansprechend sein, auch wenn ich davon kein Freund bin,
  • solltet ihr auf der Wiese jemanden antreffen, der hier vielleicht arbeitet, fragt ob ihr ihn für den Wettbewerb fotografieren dürft (lasst euch das Einverständnis schriftlich geben!)

Seid in der Bildbearbeitung etwas mutiger und

  • verstärkt oder schwächt mal die Kontraste und Farben,
  • wandelt euer Bild in Schwarzweiß um und schaut, wie es wirkt,
  • Colorkeys (Aufnahmen, die schwarzweiß sind, aber einen farbigen Bereich haben, zum Beispiel eine Blüte) sind zwar mittlerweile abgedroschen, können sich aber in der Masse vielleicht hervorheben,
  • Collagen sind nicht ausgeschlossen, werden aber auch nicht angesprochen, ich würde daher auf so ein Wettbewerbsbild verzichten,
  • vermeidet aber sonstige Effekte, die können zuviel werden.

Wie gesagt, dass sind meine persönlichen Anregungen. Und klar, nicht jeder hat diese Möglichkeiten, aber wer die Gelegenheit hat, sollte ruhig etwas experimentieren. Nur darüber kann man lernen und hat vielleicht gute Gewinnchancen.

Im Juli steht die Streuobstwiese „Unter dem Riedweg“ am Mattenberg/Oberzwehren im Mittelpunkt. Da diese nicht so einfach zu finden ist, habe ich euch hier einen Screenshot angefertigt. Die Zufahrt erfolgt über die Mattenbergstraße.

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Im Juli steht die Streuobstwiese "Unter dem Riedweg" im Kasseler Ortsteil Mattenberg/Oberzwehren im Fokus. Die lila Stecknadel zeigt die Lage.

Im Juli steht die Streuobstwiese „Unter dem Riedweg“ im Kasseler Ortsteil Mattenberg/Oberzwehren im Fokus. Die lila Stecknadel zeigt die Lage.

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Weitere Informationen zu dem Wettbewerb, wie die Bilder einzureichen sind (bitte unbedingt darauf achten) und welche Streuobstwiesen in den kommenden Monaten daran sind, findet am auf: www.streuobst-kassel.de

Vergangene Woche haben wir bereits die zweiten Gewinner des Wettbewerbes ausgewählt, am morgigen Mittwoch ist die Siegerehrung im Umwelthaus Kassel, Wilhelmsstraße 2, in der Kasseler Innenstadt. Sollte es noch Fragen zu dem Wettbewerb geben, hier bekommt ihr diese beantwortet.

Meine zukünftigen Beiträge werden in dieser Übersicht veröffentlicht: Fotowettbewerb „Streuobstwiesen“

Und jetzt ran an die Kamera, ich bin auf eure Motive gespannt. Schreibt mir auch mal hier im Blog, wie euch der Fotowettbewerb gefällt und ob euch die Tipps als Anregung geholfen haben.

Über Karsten Socher

Ich bin Fotograf und Bildjournalist in Kassel und Nordhessen. Mein Ziel ist es, euch mit meiner Art der Fotografie zu begeistern und emotionale stimmungsvolle Bilder zu präsentieren. In meinen Workshops und Vorträgen vermittle ich euch meine Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Bereich der Fotografie und dem Foto-Business. ------ Karsten Socher ist Fotofachlaborant, Fotograf und Bildjournalist in Kassel. Sein Werdegang begann 1989 bei der Schülerzeitung, eine Ausbildung zum Fotofachlaborant folgte. Nach der Gesellenprüfung folgte eine Ausbildung zum Porträt- und Hochzeitsfotografen, Ende 1998 schloss er die Meisterschule ab. Seit 2000 arbeitet er freiberuflich als Fotograf und Bildjournalist. Seit 2015 ist er hessischer Fotografensprecher im Berufsverband DJV, seit 2019 Vize-Bundessprecher. Am besten entspannen kann er beim Spazieren und Radfahren - alleine oder mit Freunden. Sonstige Hobbys: Lesen, schwimmen, Theater- und Konzertbesuche.

6 Kommentare

  1. Veröffentlich von Sabine am 15. Juli 2014 um 10:19

    Ich finde den Streuobstweisen Wettbewerb eine schöne Idee. Man lernt Kassel`S schöne Ecken noch besser kennen und gewinnt so tolle Eindrücke von der Natur. Mit offenen Augen intensiver die Natur erleben und fühlen , das in Bildern festhalten …

  2. […] weiter geht es mit der nächsten Runde im Fotowettbewerb Streuobstwiesen des Garten- und Umweltamt der Stadt Kassel und BUND, in deren Jury ich als fachkundiger Fotograf sitze. […]

  3. Veröffentlich von Fotowettbewerb "Streuobstwiesen": Wiese August 2014 am 11. August 2015 um 14:15

    […] der Herbst kommt mit langsamen Schritten und weitergeht es mit dem September-Motiv im Fotowettbewerb Streuobstwiesen des Garten- und Umweltamt der Stadt Kassel und BUND, in deren Jury ich als fachkundiger Fotograf sitze. […]

  4. Veröffentlich von Fotowettbewerb “Streuobstwiesen”: Wiese November 2014 am 11. August 2015 um 14:30

    […] im Fotowettbewerb Streuobstwiesen des Garten- und Umweltamt der Stadt Kassel und BUND, in deren Jury ich als fachkundiger Fotograf sitze, fotografieren und die Bilder bis Sonntagabend […]

  5. Veröffentlich von Fotowettbewerb “Streuobstwiesen”: Wiese Dezember 2014 am 11. August 2015 um 16:17

    […] das Jahr geht zu Ende, Weihnachten steht überraschend wieder vor der Tür und man hat plötzlich nur noch 20 Tage Zeit um alles zu schaffen, obwohl der Monat 31 Tage hat. Wahnsinn und Stress pur. Da ist es doch angenehm, wenn man zur Kamera greifen und einwenig Ruhe beim fotografieren finden kann. Und diese Ruhe findet man diesen Monat auf der Streuobstwiese Wegelänge im Kasseler Ortsteil Nordshausen. Denn diese Wiese ist das Dezember-Motiv im Fotowettbewerb Streuobstwiesen des Garten- und Umweltamt der Stadt Kassel und BUND, in deren Jury ich als Fotograf sitze. […]

  6. Veröffentlich von Fotowettbewerb "Streuobstwiesen": Fotoausstellung am 11. August 2015 um 18:52

    […] Fotowettbewerb “Streuobstwiesen”: Wiese Dezember 2014 bei “Ich bin Jury” beim Fotowettbewerb “Streuobstwiesen” […]

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